Leipziger Platz 1

 
Baubeteiligte
Projektbeschreibung
Baufeld
vertikale Einfassung
horizontale Einfassung
Quellen


Leipziger Platz 1

Architekten: Müller & Reimann
Gesellschaft von Architekten mbH

Investor: Württembergische Lebensversicherung AG

Generalunternehmer: Müller-Altvatter
Bauunternehmung GmbH & Co. KG
NL Dresden

Baubeginn: 12. Januar 2004

Fertigstellung: November 2005

Baukosten: 96 Mio. Euro


 


Projektbeschreibung

Am Leipziger Platz wird die südwestliche Ecke des Oktogons mit einem Büro- und Geschäftshaus geschlossen. Ausführendes Unternehmen ist die Firma Müller-Altvatter.

Wie das Nachbargebäude wird es zum Platz hin ein neungeschossiger, nach Süden zur Stresemannstraße ein sechsgeschossiger Bau werden. Es wird zwei Untergeschosse beinhalten, die bis acht Meter unter die Straßenoberkante reichen werden. Der Rohbau des Gebäudes soll bis April 2005 fertiggestellt werden, die restlichen Arbeiten im November 2005 beendet sein.

Zum Zeitpunkt unserer Besichtigung findet die Baufeldeinfassung mit Ortbetonschlitzwänden d=60-80 cm, die auch zur Bauwerksgründung dienen sollen, statt. Diese Arbeiten sollen hier näher erläutert werden.

Über die Baustelle führt uns als Bauleiter Herr Hirschmann.


 


Besondere Bedingungen des Baufeldes

Die größte Besonderheit des Baufeldes besteht darin, dass es durch einen U-Bahntunnel in zwei Abschnitte unterteilt wird. Dieser U-Bahntunnel ist Teil der Linie U2, die 1911/12 gebaut wurde und somit die erste Strecke war, die in Berlin in Betrieb genommen wurde. In diesem getrennten Baufeld wird die Einfassung so errichtet, dass zwei getrennte, vor dem Grundwasser geschütze Bereiche entstehen, die von den Grundstücksgrenzen zur Straße hin sowie der jeweiligen Tunnelwand gebildet werden. Hier sollen als Unterkellerung des Gebäudes zwei voneinander unabhängige Tiefgaragen errichtet werden. Erst ab dem Erdgeschoß wird es sich um ein durchgehendes Gebäude handeln.

Im Vorfeld wurden im Tunnelinneren alle bestehenden Risse aufgenommen, die nun während der Bauzeit täglich von der BVG auf eventuelle Änderungen untersucht werden, die durch die bei den Einfassungsarbeiten entstehenden Kräfte verursacht werden könnten.

Der Tunnel selber besteht aus einer inneren und einer äußeren Decke. Die Äußere war dafür zuständig, die darüberliegenden Lasten aufzunehmen, also das Erdreich und vormals die im Krieg zerstörte Bebauung des Leipziger Platzes. Diese äußere, momentan noch bestehende Kappendecke (Stahlträgerrost mit Mauerwerkskappen ausgefacht) des Tunnels wird im Laufe der Bauarbeiten zurückgebaut. An den Seiten wird der Neubau an den Tunnel betoniert; nach oben wird es 20 cm Luftraum über der noch bestehenden inneren Tunneldecke bis zur Erdgeschoßbodenplatte geben. Diese wird alle Lasten der darüberliegenden Gebäudeteile aufnehmen und zur Seite hin ableiten, sodass auf die Tunneldecke selber keinerlei Lasten mehr einwirken werden.

Bis zur Fertigstellung des Gebäudes hat die BVG dem Bauherren die Verlegung von Unterschottermatten zugesagt, die die Vibrationen der U-Bahn aufnehmen und somit Störungen des Gebäudes minimieren sollen.

Die Genauigkeitstoleranz der Einfassungsarbeiten beträgt nach Angabe von Herrn Hirschmann +/- 5 cm.


 
Großbohrköpfe
Fräskopf (links) und Bohrwerkzeuge (rechts)

versenkter Schlitzwandgreifer
versenkter Schlitzwandgreifer

Bauablauf der Einfassungsarbeiten

vertikale Einfassung


Die Einfassung des Baufeldes erfolgt durch zwei unterschiedliche Verfahren. An den Längsseiten des U-Bahntunnels werden betonierte Schlitzwände (d=80 cm) errichtet; an den übrigen Baufeldabgrenzungen wird mit überschnittenen Bohrphahlwänden und Ortbetonschlitzwänden (d=60 cm) eingefasst. Die Tiefe dieser Wände liegt bei durchschnittlich 15 m unter Straßenniveau; die Schlitzwände reichen teilweise noch etwas tiefer ins Erdreich, da sie mehr Last abtragen müssen.

Das Baufeld weist noch einen hohen Bestand an Unterkellerungen der zerstörten Vorkriegsbebauung auf. Der Bereich der Einfassungswände mußte zuerst von dieser bestehenden Bausubstanz freigeschafft werden. Dies wurde mit Hilfe von Großbohrern erreicht. Vor allem aufgrund vorhandener starker Stahlträger stellte sich dies insbesondere bei den Schlitzwandtrassen als eine unerwartet mühsehlige, zeit- und materialintensive Arbeit heraus, in deren Verlauf zahlreiche Bohrköpfe verschlissen wurden.

Nachdem die Bohrungen vorgenommen worden sind, wurden entlang der Schlitzwandtrassen jeweils zwei Leitwände betoniert. Diese besitzen eine nur geringe Tiefe und dienen dem Schlitzwandbagger, der den Bodenaushub bis auf die endgültige Tiefe vollzieht, als Greiferführung.

Der Schlitzwandbagger funktioniert mit einem Seilzug, der an einem Kran befestigt ist. Er besitzt ein hohes Eigengewicht von 11-25 Tonnen, damit der geöffnete Greifer sich von alleine in das wegzugrabende Erdreich gräbt und so möglichst wenig Schaufelschritte nötig sind. Die hier verwendeten Schlitzwandgreifer greifen nur einmal, bevor sie mit dem abgegrabenen Erdreich wieder herausgezogen werden. Es gibt auch Schlitzwandgreifervarianten, die sich mit umlaufenden Schaufeln kontinuierlich in einem Arbeitsgang in das Erdreich bohren.

Zwischen den Leitwänden wird nun die Erde vom Schlitzwandbagger ausgehoben. Während dieses Vorgangs wird als Stützflüssigkeit Bentonit eingefüllt, das den notwendigen Stabilisierungsdruck während des Aushubes erzeugt; also verhindert, dass der Schlitz bevor er letzlich betoniert wird zusammenbricht. Bentonit ist ein breiig-festes Gemisch aus Wasser, Ton und Sand, das leichter als Beton ist, was für die weiteren Arbeitsschritte wichtig ist.

In den fertig ausgehobenen und mit Betonit gestützten Schlitz werden die Bewehrungskörbe mit einem Hilfsbagger eingehoben. Das Betonieren erfolgt mit Hilfe einer Rohrvorrichtung von unten nach oben im so genannten Kontraktorverfahren, d.h. von unten nach oben, so dass der Beton immer unter dem noch vorhandene Bentonit ist und diesen letztendlich verdrängt. Das Bentonit wird dann abgepumpt und mit einem Entsander gereinigt, um neu verwendet werden zu können. Die durchschnittliche Betoniergeschwindigkeit beträgt mindestens 3 m pro Stunde.

Da das Bentonit, bzw. später der flüssige Beton, einen gewissen Druck auf die U-Bahn-Tunnelwand ausübt, wurde für die Dauer der Einfassungsarbeiten eine Baulast auf dem Tunnel errichtet, die dem Druck entgegenwirkt .

Betoniert wird im sogenannten Pilgerschrittverfahren, das heißt die einzelnen Teile der Schlitzwand, die 2.80 m breit sind, werden nicht der direkten Reihe nach hergestellt, sondern versetzt: erst die erste Lamelle, dann die fünfte, dann die zweite, die sechste und so weiter.

Um die so zu unterschiedlichen Zeiten betonierten Nachbarlamellen besser miteinander zu verbinden, stehen in den Fugen zwischen den Lamellen Fugenabschalrohre, die etwa fünf Stunden nach dem Betonieren der Nachbarlamelle gezogen werden. Der so entstandene zylindrische Hohlraum wird dann mit Beton gefüllt.

Durchschnittlich werden auf dieser Baustelle pro Tag zwei Lamellen je Gerät, also 4 Lamellen, betoniert.

In die gebohrten und mit Wasser gefüllten Löcher der Bohrphahlwände werden korrespondierend zylinderförmige Bohrpfahlbewehrungskörbe eingelegt, bevor betoniert wird. Diese Arbeiten waren nicht weiter Bestandteil der Besichtigung.

Im Bereich des U-Bahntunnels werden in die Bewehrungskörbe Verpressschläuche eingeflochten, durch die nach Erhärten des Betons Wasser gepresst wird um die Verpressöffnungen aufzusprengen. Anschliessend erfolgt das Einpressen des Verpressgutes (Zementleim). So werden eventuelle Risse gestopf; gleichzeitig wird der Baugrundverbund erhöht, wodurch eine größere Tragfähigkeit der Schlitzwand gewährleistet werden kann. Dies ist bei den Schlitzwänden vonnöten, da sie den gesamten über der U-Bahn befindlichen Gebäudeteil tragen müssen; das Gebäude besitzt in diesem Teil wie erwähnt keinen Konakt zum Baugrund. Der Druck, mit dem diese Lamellenverpressung vorgenommen wird, wird mit einem Messgerät kontrolliert.

Nach Erhärtung des Betons werden die Wände gekappt, die oberen 50 cm des Betons werden wieder abgestemmt, um diesen Bereich dann nach Vorschrift noch einmal neu betonieren zu können. Die Tragfähigkeit kann hier durch die besonderen Betonierbedingungen sonst nicht garantiert werden.

Die Schlitzwände bzw. Bohrpfahlwände erfüllen also zwei Funktionen: sie sorgen zum Einen für die vertikale Grundwasserabdichtung des Baufeldes. Zum Anderen dienen sie später als Gebäudegründung; vor allem die Schlitzwände tragen den über der U-Bahn liegenden U-Bahn Teil. Darüberhinaus dienen sie als Stützwände zur Baugrubenabsicherung.

Schlitzwand-Greifer Betonierrohr
Schlitzwand-Greifer Schlitzwandgreifer

Mit einem Kran wird das Betonierrohr in den zu betonierenden Bereich der Schlitzwand zwischen zwei Fugenabschalrohren versenkt.
Entsandungsanlage
Entsandungsanlage

Schlitzwandbewehrungskörbe mit Druckschläuchen
Schlitzwandbewehrungskörbe mit Verpressschläuchen

 
Bohrpfahlbewehrungskörbe
Bohrpfahlbewehrungskörbe
Kappen der Wände
Kappen der Wände


 
ausgehobener Mergel
ausgehobener Mergel

Leipziger Platz 1

 
Baubeteiligte
Projektbeschreibung
Baufeld
vertikale Einfassung
horizontale Einfassung
Quellen


horizontale Einfassung

Das Baufeld steht komplett auf einer 2-5 m starken, tiefer liegenden Mergelschicht. Mergel ist ein tonartiges, in Berlin öfter vorkommendes Gestein. Die Bohrpfahlwände reichen auf dieser Baustelle mindestens 1m in diese Schicht hinein; die tieferen Schlitzwände durchstoßen diese sogar und enden im darunter anschließenden märkischen Sand. Diese Mergelschicht ist weitgehend Wasserdicht, sodass sie als horizontale Grundwasserabdichtung der Baugrube wirken kann, es muß also keine flächendeckende HDI-Sohle errichtet werden.

An der Grundstücksgrenze zum bereits errichteten Nachbargebäude wird jedoch ein HDI-Schleier direkt unter die auf einer Höhe - etwa acht Meter unter Straßenniveau - aufeinanderstoßenden Bodenplatten der Gebäude gesetzt werden. Dies soll vermeiden, dass Grundwasser vom Nachbargebäude herüberdrückt, ebenso soll es die Gefahr eines Grundbruchs ausschließen.


Links und Quellen

- www.leipzigerplatz1.de

- www.mueller-reimann.de

- www.mueller-altvatter.de



5. Baustellenbesichtigung am 26. Mai 2004

Referat: Hannah Jonas, Frank Henze